WISSENSCHAFTS-
GESCHICHTLICHE AUSSTELLUNG

EINE ZUSAMMENFASSUNG JENER SEKTION DER AUSSTELLUNG, DIE VON DEN MITARBEITERN DES INSTITUTS FÜR UNGARISCHE WISSENSCHAFTSGESCHICHTE (MAGYAR TUDOMÁNYTÖRTÉNETI INTÉZET) BETREUT WIRD.

 

I. Gegenstände

Es würde sehr viel Platz verlangen, die wichtigsten Ergebnisse der ungarischen Wissenschaft und Technik mit Hilfe von Gegenständen veranschaulichen zu können. Eine solches Programm plant unser Expertenteam, das für die Einrichtung des ungarischen Pavillons zur Weltausstellung 2000 in Hannover verantwortlich ist; in Frankfurt aber können wir davon nur eine kleine Kostprobe geben. Unter den vorgestellten Gegenständen wird auch ein sehr schönes Eötvös-Pendel zu betrachten sein, das zu den berühmtesten ungarischen Erfindungen gehört, und dessen Verwendung in den vergangenen 100 Jahren überall auf der Welt verbreitet wurde. Dieses Pendel mißt auch die feinen Veränderungen des Erdinneren, und stellt demzufolge eine große Hilfe in der Erdöl- und Erdgasforschung dar. Es ist also kein Wunder, daß seit dem Beginn des Jahrhunderts so viele Länder ein reges Interesse für dieses auch seinem Aussehen nach imposanten Instrument zeigten.

Auf der Ausstellung wird auch der erste Elektromotor der Weltgeschichte zu sehen, der vom ungarischen Ingeneur Ányos Jedlik konstruiert wurde. Gleichzeitig zu seiner Aufnahme in die Mitgliedschaft der Ungarischen Akademie der Wissenschaften wurde auch Faraday, ein anderer weltberühmter Forscher der Elekrizitätslehre zum Mitglied gewählt. Jedliks Schaffen wurde sogar von Siemens anerkannt, der sich seinerseits mit ähnlichen Themen beschäftigte. Den Jedlikschen Elektromotor konnten die elektrotechnischen Experten schon 1927 bei der Jubiläumsfeier zum 100 Todesjahr Voltas betrachten; alle haben die schon damals 100 Jahre alte Erfindung mit großer Anerkennung aufgenommen.

Auch eine andere Kuriosität, nämlich einen Mondball mit den in den vergangenen Jahrzehnten nach ungarischen Wissenschaftlern - Loránd Eötvös, János Bolyai und dem weltberühmten Astronomen des 18. Jahrhunderts, Miksa Hell u.a. - benannten Mondkratern werden die Besucher der Ausstellung zu sehen bekommen. Nach Gyula Fényi, dem Forscher der Sonnenausbrüche, nach József Petzval, dem ausgezeichneten Kenner der Linsen sowie nach dem auch an deutschen Universitäten gut bekannten ungarischen Professor, János András Segner wurden auch Krater benannt, aber auch den Namen einer anderen hervorragenden Persönlichkeit unseres Jahrhunderts, nämlich den von Tódor Kármán, der weltberühmter Flugtechniker und Ehrendoktor an mehreren deutschen Universitäten ist, trägt ein Krater. Natürlich sind auch János Neumann, einer der bedeutendsten Vertreter der Mathematik und Computertechnik, sowie Leó Szilárd, der namenhafte Kenner der Atome, der Kettenreaktion und der Biophysik unter den "Namenspendern". Auch sie möchten wir also - mit Hilfe von Mondkratern - vorstellen.

II. Kodexe

Wir möchten die Besucher der Ausstellung mit drei Kodexen überraschen, die darüber berichten, welche sich auf Ungarn beziehenden Bücher damals von Frankfurter Druckereien herausgegeben wurden. Die Auswahl betrifft die Jahre zwischen 1500 und 1800 und umfaßt überrasschend viele wertvolle Werke. Cca. 100 wichtige Bände über die ungarische Geschichte, Kultur und über das ungarische Verlagswesen sind um diese Zeit dank Frankfurter Drucker erschienen. Das ist kein unbedeutendes Material, und vieles davon ist mit wunderschönen Kupferstichen verziert. Das steht als Beweis für die Tatsache, daß damals zahlreiche Drucker in Frankfurt die Initiative ergriffen und Ungarn betreffende Bücher in deutscher oder lateinischer Sprache gedruckt haben; viele davon behandeln mehrere hundert Seiten lang die Geschichte Ungarns bzw. des Ungarischen Königtums. Es ist nicht zu vergessen, daß sich die Ungarn im Jahre 895 im Karpat-Becken niedergelassen haben, und ihre Fürste und im Späteren ihre Könige 630 Jahre lang an der Spitze ihrer Gesellschaft standen. Ein bedeutender Teil des Landes stand zwischen 1526 und 1718 unter türkischer Herrschaft; auch diese Epoche wird in den in Frankfurt erschienenen historischen Büchern detailliert behandelt. Im 18. Jahrhundert hat das Land zum Habsburger, in diesem Jahrhundert zunächst zum deutschen, dann aber zum russischen Interessenkreis gehört. Seit 1989 ist es seiner Staatsform nach eine Republik und ist wieder ein ganz unabhängiger Staat. Aus dieser Geschichte werden mit Hilfe der in Frankfurt gedruckten Bücher und deren Illustrationen die wichtigsten Momente der frühen Jahrhunderte in Erinnerung gerufen.

In Frankfurt 1711 kam das Werk von Dávid Czwittinger heraus, das die bis dahin erschienenen, Ungarn betreffenden Bücher aufzählt, und damit beweist, daß die ungarische Wissenschaft mit sehr vielen wertvollen Werken die ersten Jahrhunderte des Buchdrucks bereichert hat. In Ungarn ist das erste gedruckte Buch 1473 erschienen, und damit war es das sechste Land, wo Bücher gedruckt wurden (in Deutschland ist der Beginn des Buchdrucks auf 1440, in Italien auf 1465, in der Schweiz, in Frankreich und in den Niederländern auf 1470 zu datieren). Zeitschriften wurden in Ungarn schon seit 1587 herausgegeben, damit war es auch auf diesem Gebiet unter den ersten Ländern. All das bezeugt das große Handbuch, das 1711 in Frankfurt erschienen ist.

 

III. Wissenschaftler, Ingeneure

Es gibt praktisch kein Gebiet der Wissenschaften und der Technik, wo keine ungarischen Wissenschaftler mit ihren Erfindungen zu erwähnen wären. Die Mathematiker aus Ungarn sind schon seit langer Zeit unter den besten der Welt, die Atomwissenschaft hat den ungarischen Wissenschaftlern auch viel zu danken, die technische Universität der Hauptstadt hat die Elektrotechnik der Welt wiederum mit vielen weltberühmten Schöpfern bereichert, und die Tradition der ungarischen Bergbaukultur ist auch mehrere Jahrhunderte alt. In Ungarn wurden die ersten Urkunden der Bergbauingeneure sowie der bürgerlichen Ingeneure in Mittel-Europa ausgestellt, und hier wurde auch die erste Konferenz der technischen Wissenschaften veranstaltet, wo eine internationale wissenschaftliche Gesellschaft gegründet wurde, die u.a. auch Goethe zu Mitglied hatte. (Andererseits befindet sich eine der größten Goethe-Sammlungen der Welt gerade in der ungarischen Hauptstadt Budapest.)

In der Medizin wurden die Ideen von Ignác Semmelweis, in der Mathematik die Lehren von János Bolyai, in der Physik die von Loránd Eötvös, Ányos Jedlik, Zoltán Bay und anderen weltberühmt. Die Ergebnisse der zeitgenössischen Weltraumforscher und die Erneuerungen von János Neumann und János György Kemény u.a. auf dem Gebiet der Computertechnik haben in der Welt auch große Anerkennung gefunden. Ein Typ der heute hergestellten Computer wird immer noch “Neumann-Computer” genannt, und die unter Keménys Mitwirkung ausgearbeitete Sprache BASIC spielt in der Computerwissenschaft auch eine bedeutende Rolle.

Es gibt auch zahlreiche ungarische Nobel-Preisträger, wie z.B. Albert Szent-Györgyi, der Forscher des Vitamins C, György Hevesy, der eine der meist bekannten Untersuchungsmethoden, die Verwendung der Isotope als Indikator, ausgearbeitet hat, oder der Atomkernphysiker Jenõ Wigner und György Békésy, der für seine Forschungen über die Struktur des Ohres und über andere akkustischen Probleme ausgezeichnet wurde. Der Budapester Ingeneur Dénes Gábor bekam für die Erfindung des weltweit bekannten Holographs den Nobel-Preis. Unter den Zeitgenossen wurden neulich der Wirtschaftswissenschaftler und Mathematiker János Harsányi sowie der Chemiker György Oláh ausgezeichnet, und es gibt noch Mehrere, die gute Chancen haben, diesen Preis zu bekommen.

In der Aussstellung können wir natürlich nicht alle hier erwähnten Wissenschaftlern präsentieren, aber einige von ihnen werden mit einem Portrait und mit den wichtigsten Werken oder Erfindungen da sein. Damit möchten wir zeigen, daß schon seit langen Jahrhunderten auch Schöpfer der ungarischen Wissenschaft und Technik unter den besten der Welt zu finden sind – und hier könnten auch noch Architekten, Foto- und Filmkünstler und Vertreter anderer Kunstarten erwähnt werden. In diesem Jahrhundert haben sich die Ungarn sozusagen in der ganzen Welt zerstreut, viele haben sich in Amerika, andere in Australien, in West-, Ost- oder Süd-Europa, wiederum andere in Afrika oder vielleicht in Asien niedergelassen, aber alle fühlen sich zum ungarischen Volk gehörend, das 895 seine Heimat in Mittel-Europa gefunden hat. Diese Zusammengehörigkeit findet auch in der Verwendung der ungarischen Sprache ihren Ausdruck, die sich – wie schriftliche Quellen bezeugen – in den vergangenen 1000 Jahren kaum verändert hat; die Schriften der alten Ungarn sind auch für die Heutigen leicht zu lesen. Das trifft auch den gedruckten Texten zu, deren Sprache sich während der Jahrhunderte auch nur eine kleine Veränderung erfahren hat.

Der ungarische Buchdruck hat sich in Europa einen guten Namen geschaffen; man soll hier z.B. an den Jansoon-Buchstabe von Miklós Tótfalusi Kis oder an die schönen Ergebnisse der ungarischen Typographie und des ungarischen Buchdrucks erinnert werden, der sich vom Ideenreichtum und von der Qualität der Kodexe von König Matthias des 15. Jahrhunderts geprägt, allmählich zum heutigen ungarischen Verlagswesen und Buchdruck entwickelt hat. Das größte und detaillierteste Lexikon der Weltliteratur ist z.B. in Ungarn erschienen. Im ungarischen wissenschaftlichen Leben wird aber auch darauf geachtet, daß die bedeutenden ausländischen Erscheinungen ins Ungarische übersetzt werden: Bereits vor 150 Jahren wurde der ganze Text des deutschen Conversations Lexicon, vor einigen Jahren das mehrbändige Larousse und die Cambridge Enzyklopädie übersetzt, und neuerdings erscheint die mit ungarischen Ergänzungen versehene Encyclopaedia Britannica in ungarischer Sprache. Das ungarische Verlagswesen weist darüber hinaus große Unternehmungen auf, darunter z.B. die 150 Bände zählende Buchreihe, die zum 1000. Jubiläum der ungarischen Staatlichkeit herausgegeben wird.

Ungarn möchte sich in Frankfurt so vorstellen, daß damit die Besucher der Ausstellung einige Momente seiner schönen Geschichte erfahren, und sich dazu bewegt fühlen, die das Land betreffenden fremdsprachigen Werken in die Hand zu nehmen. Damit wäre die ungarische Vergangenheit, Kultur und Wissenschaft, bzw. die Denkweise der in und außerhalb des Heimatlandes lebenden Ungarn auch für diejenigen erreichbar, die die ungarische Sprache nicht sprechen. Diese Denkweise spiegeln auch die neulich erschienenen literarischen Werke, Notenhefte, Fotoalben und Reisebücher, die zum Teil auch im Frankfurter ungarischen Pavillon ausgestellt werden.

Veranstalter:
Institut für Ungarische Wissenschaftsgeschichte
GmbH für Forschung, Bildung und Verlagswesen

Piliscsaba, Hársfa Str. 29.
Post: H-2081 Piliscsaba, Pf. 12
Tel/Fax: (+36) 26/373-371

 

 

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